Ich war fasziniert von der Kunstströmung des „Symbolismus” und lernte dabei unter anderem das Werk des niederländischen Malers Jan Toorop kennen. Zur selben Zeit suchte eine ältere Tante, die Schwester meines Vaters, mit der ich während vieler Jahre nicht mehr gesprochen hatte, Kontakt mit mir. Sie hatte gehört, dass ich auf der Suche sei nach dem früheren Malwerk meines Vaters, und sie habe etwas, das sie mir gerne geben wolle. Es war eine Holzkohlezeichnung mit der Bezeichnung „der Bergarbeiter”, die mein Vater als junger Mann zu Studienzwecken angefertigt hatte, ähnlich einer Zeichnung von Jan Toorop. Ich war über dieses gleichzeitige Geschehen gerührt; Jung hätte gesagt: „Ein wunderschönes Beispiel für Synchronität”.
Als junges Mädchen hatte ich den Erwachsenenkurs an der Kunstakademie in Arnheim besucht, und damals hatte ich mit Gerard oft über Kunst und auch über die Besonderheit des Malers Jan Toorop disku-tiert. Als ich mich nun Jahre später, nach dem Heimgang Gerards, in den Symbolismus vertiefte, sah ich ein Foto von Jan Toorop und erschrak über die auffallende Ähnlichkeit Toorops mit Gerard.
Jan Toorop war javanischer Herkunft, er hatte ein dunkles Aussehen und eine östliche Ausstrahlung. Gerard hatte zwar von heller Erscheinung, hatte eine recht helle Hautfarbe, blonde Hare und grüne Augen, er war ihm aber vom Gesicht her sehr ähnlich. Die ausgeprägten Jochbeine, die einigermaßen breite und runde Nase und der kleingeformte Mund verliehen ihm eine östliche Ausstrahlung. Auch die sehr expressive Linienart Toorops, die für seine Porträts so kennzeichnend ist, erinnerte mich an Gerard, der bei der Anfertigung einer Skizze exakt die-selbe kräftige und expressive Art von Linien anzu-wenden pflegte. Dies betraf auch die Art und Weise, wie Toorop selber in seinem Leben auftrat; mit seiner mystischen, traumhaften Ausstrahlung, mit der Sanft-mut und Freundlichkeit im Umgang mit Menschen, wie auch mit seinen Händen und sogar mit seiner Gestalt zeigten sich auffallende Ähnlichkeiten mit Gerard. Hinzu kam, dass Gerard an östlicher Kultur sehr interessiert gewesen war und als junger Erwachsener sein Zimmer völlig östlich (- nichts Europäisches war erkennbar -) eingerichtet hatte. Das hatte nichts mit Jan Toorop als Person zu tun, das war pures Interesse am östlichen Leben; die Länder im fernen Osten hatten ihn maßlos fasziniert.
All dieser Zusammenhänge und Ähnlichkeiten wurde ich mir erst viel später bewusst: schöne und auffallende Übereinstimmungen, die mir auch heute noch ganz vertraut und lieb sind.